Was es ist, das uns so melancholisch stimmt? Lest selbst, liebe Freunde, aber seid gewarnt. Weder bongian, SOMA noch ich übernehmen in irgendeiner Weise die Verantwortung für eventuell auftretende Traumata, Ekelanfälle oder Suizide.
Es ist das Jahr 1913, die Welt ist noch unschuldig und unbefleckt, kein störender, böser Einfluss trübt ihr reines Gewissen. Das Volk befindet sich im Einklang mit seiner erlauchten Regierung – dem gottgegebenen Monarchen, dem königlichen Souverän. Alle Welt ist glücklich und frisch verliebt, die Vögel zwitschern, die Sonne scheint und die Götter, Allah, Buddha, Jahwe und so weiter sitzen zusammen auf einer Wolke und spielen Monopoly – mit regulierenden Eingriffen in die verschiedenen Haushalte und festgelegten Höchstpreisen, ohne Zinseszins und Inflation versteht sich. Alle Welt freut sich schlicht des Lebens – bis auf diesen Mann:
Hassan von der Vogelweide, die Ausgeburt des Bösen. Seine genaue Abstammung ist nicht bekannt, wohl aber, dass er just in besagtem Jahre, 1913, erstmals in Berlin auftauchte und schnell persönlicher Berater Kaiser Wilhelms wurde.
Zeitzeugen berichten, dass Vogelweide eine wahrhaft dämonische Ausstrahlung besessen haben soll, Kinder fingen in seiner Gegenwart unwillkürlich an zu weinen und sich einzunässen, junge Mädchen fielen in Ohnmacht und selbst die hartgesottensten Soldaten der kaiserlichen Leibgarde wurden bleich und fröstelten, ob der diabolischen Ansprachen dieses gefürchteten Demagogen.
Vogelweide machte schnell Karriere am Hof und erhielt nach seiner Rede: „Gier und Gaunerei – Ein Beitrag zur modernen Ästhetik“ den Ritterschlag.
Die Massenunterstützung blieb dem aufstrebenden Tunichtgut jedoch zunächst verwehrt; erst als in der Bevölkerung bekannt wurde, dass Sir Vogelweide leidenschaftlich gerne kochte, schloss sich ihm die Gewerkschaft Deutscher Köche an, in welcher er Ehrenmitglied war. Tatsächlich zeigt dieses Bild, es ist das einzige, auf welchem er lächelt, Vogelweide in seinem Kochlabor bei der Zubereitung eines peruanischen Riesenhamsters.
Die Sternstunde Hassans von der Vogelweide wurde folgerichtig auf dem Rücken der Berliner Köche gegründet. Nach einer flammenden Rede über die Langeweile des Friedens, die Freuden des Tötens, Die Schönheit eines Schützengrabens und nicht zuletzt die Vorzüge einer frauenlastigen Gesellschaft zogen Tausende Köche, Fleischer, Schützenvereine und Fußballfans laut schreiend und mordlustig zum Berliner Reichstag und forderten den Kaiser auf, unverzüglich jemanden anzugreifen, so schnell wie möglich, egal wen!
Vogelweide hatte sein Ziel erreicht, schon wenige Monate später brach nach einigem Geplänkel der bis dato erste Krieg der Weltgeschichte aus, kurz 1. Weltkrieg genannt. Viele Jahre lang lebte der durchtriebene Unruhestifter Hassan in frenetischer Glückseligkeit, die auch nicht mit dem Ende des Krieges 1918 stoppte. Vogelweide hatte sein Ziel erreicht, er hatte die Menschheit entharmonisiert, hatte Könige gegeneinander aufgebracht, Schlachter zu Schlächtern, Weber zu Feldwebeln, Männer zu Mördern gemacht.
Hassan von der Vogelweide, der Erfinder des Krieges, der wichtigste Mann des 20. Jahrhunderts und bis heute Garant für Wohlstand der Industriestaaten.
Kein Wunder, dass sein Konterfei jedes Wohnzimmer ziert, dessen Einrichtung mehr als 2 Mio. US-Dollar gekostet hat.
Zur Illustration des kranken Geistes Vogelweides hier ein Auszug aus seinem Tagebuch, das er als Jugendlicher geführt hat. Experten vermuten heute, dass der 16-jährige Hassan damals unter starken Persönlichkeitsstörungen litt. Das folgende Dokument gilt in der Fachwelt als Sieg der besessenen Persönlichkeit über die gesunde, quasi der Zeitpunkt, da die Welt dem Untergang geweiht war.
Knieselnd sträuben sich die Haare,
Rotz und Ekel bäumen auf.
Eisen beißen – 16 Jahre
Abscheu Angst, ich gebe auf.
Mit blanker Klinge Kätzchen töten,
Hilf, zu Hilf ich will das nicht!
Abends noch zum Teufel beten;
Zu spät, der Mann im Umhang sticht
Unheil dräuend da am Fenster,
Pein und Schmerz verschieben sich.
Eingeweide und Gespenster,
Gellend Schrei und heißer Stich.
Arsch auf Grundeis, Hilfe suchend,
Gott, wo bist du? Schicksal komm!
Die ganze Welt mit Tod verfluchend;
Liebe, Hoffnung – auf, davon.
Linderung der heißen Glieder
Findet sich im Töten wohl.
Dem Kaiser stutz ich das Gefieder,
Auf dass mich dann der Teufel hol!
Wahrlich, wenn man solche Zeilen liest, vergeht einem doch die Lust am Journalisten-Dasein.
Aber keine Angst, liebe Freunde, die Kawummkeule wird weiter zuschlagen, und zwar dahin, wo’s weh tut!//nager
